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Start – Reiseflug – Landung. Euch sachkundigen Lesern unserer Rubrik AvGeek brauchen wir die Bedeutung dieser Begriffe nicht weiter zu erklären. Heute wollen wir hier über Landungen bei Wind sprechen, die laut Aussage unserer Piloten mit am schwierigsten sind.

Die optimale Bedingung für eine perfekte Landung ist Gegenwind, so dass bei Rückenwind mit einer Stärke von über 5 Knoten die Landebahn in entgegengesetzter Richtung genutzt werden kann und das Flugzeug in jedem Fall gegen den Wind landet. Obwohl Linienflugzeuge bei einer Windstärke von bis zu 10 oder 15 Knoten landen können, wird diese Art Landung im Allgemeinen vermieden, weil dabei Bremsen und Reifen stärker und sinnlos abgenutzt werden.

Wenn der Wind hingegen von der Seite kommt und damit die Landebahn quer „schneidet“, ist die Situation sowohl bei der Landung als auch beim Start komplizierter. Wenn ihr Segel- oder Windsurf- oder auch Golfexperten seid, dann wisst ihr nur zu gut, wovon wir sprechen. Seitenwind erhöht den Auftrieb der dem Wind zugewandten Tragfläche, der Luvtragfläche, der Rumpf hingegen bildet eine Barriere für die dem Wind abgewandte Tragfläche, die so einen geringeren Auftrieb entwickelt.

Es gibt drei gängige Landetechniken bei Seitenwind, die je nach Flugzeugtyp variieren.

Beim Crabbing, das nach dem Seitwärtsgang der Krebse, auf Englisch „crabs“, benannt ist, wird mit Vorhaltewinkel und leicht gegen den Wind nach oben zeigender Flugzeugnase geflogen. Wenn man bei normalen Windbedingungen vom Punkt A zum Punkt B gelangen will, muss die Flugzeugnase einfach in Richtung B zeigen. Bei Seitenwind, der zum Beispiel von rechts kommt, muss ein Punkt rechts von B angesteuert und dafür gesorgt werden, dass der Wind in Verbindung mit der Flugzeugbewegung in der Luftmasse das Flugzeug zum Punkt B trägt. Dabei handelt es sich um eine stabile Landung, die für die Passagiere absolut komfortabel ist.

Die zweite Landetechnik ist die sogenannte Schiebemethode, auf Englisch „de-crab method“, die für Flugzeuge in der Größenordnung unserer Embraer 195 benutzt wird. Dabei wird das Flugzeug bei der Landung kurz vor dem Aufsetzen in Landebahnrichtung ausgerichtet: Hierfür wird der im Anflug beibehaltene Vorhaltewinkel (crab angle) durch Betätigung des Seitenruders aufgegeben. Dieses Manöver ist heikel, denn durch die Aufgabe des Vorhaltewinkels wird das Flugzeug dem seitlichen Druck des Windes ausgesetzt, der es nach Lee abdriften lässt, so dass die gewünschte Ausrichtung verloren geht. Aus diesem Grund wird die Schiebemethode erst direkt vor dem Aufsetzen eingesetzt.

Die dritte Landetechnik ist die Seitenwindlandung mit hängender Tragfläche, die es schon seit der Zeit der Doppeldecker gibt, heute jedoch nur noch selten benutzt wird. Mit der Aufgabe des Vorhaltewinkels vor dem Aufsetzen muss die Luvtragfläche hängen gelassen werden, um ein Abdriften des Flugzeugs zu vermeiden. Hierfür werden Seitenruder und Querruder gegeneinander ausgeschlagen, d. h. die Ruder werden gekreuzt. Mit dem Seitenruder wird die Flugzeugnase in Landerichtung ausgerichtet, gleichzeitig wird das Querruder in entgegengesetzter Richtung ausgeschlagen, um dem Abdriften entgegen zu wirken. Bei Seitenwind von rechts würde beispielsweise der Vorhaltewinkel nach rechts es dem Flugzeug ermöglichen, in die gewünschte Richtung zur Landebahn zu fliegen: Durch Aufheben des Vorhaltewinkels mit dem Seitenruder links muss das Querruder nach rechts ausgeschlagen werden, damit das Flugzeug nicht nach links abdriftet und damit seine Ausrichtung zur Bahnmittellinie verliert.

Das faszinierendste an einer Landung bei Wind ist das Können unserer Piloten, die immer bereit sind, die Bequemlichkeit der automatischen Flugsteuerung aufzugeben und manuell zu landen, um den Komfort der Passagiere zu garantieren und das Flugzeug auch bei starken Windböen, die heimtückischer als berechenbarer, konstanter Wind sind, stabil zu halten.

 

(Photo credits @PSC – Piti Spotter Club)