Bekanntermaßen befindet sich in den meisten Ländern der Welt der Fahrersitz im Auto auf der linken Seite. Doch in Großbritannien, aber auch in Japan, Australien, auf Antigua und Barbuda, den Bahamas und Barbados, in Bangladesch, Bhutan, Botswana, Brunei, Hongkong, Indien, Indonesien und Kenia, auf Zypern und Jamaika… sitzen Fahrer und Fahrerinnen auf der rechten Seite.
In Flugzeugen gibt es immer zwei „Fahrer“ bzw. Piloten, doch der Sitz des Flugkapitäns, also der Person, die die wichtigsten Entscheidungen während des Fluges trifft, befindet sich überall auf der Welt links.
Warum also sitzt der Flugkapitän auf der linken Seite?
Wie wir bereits wissen, ist die linke Flugzeugseite für das Ein- und Aussteigen der Fluggäste bestimmt, da auf der rechten Seite Servicearbeiten wie das Be- und Entladen von Gepäck und Fracht, das Auftanken, der Anschluss an den Stromgenerator und bei Linienflügen das Catering stattfinden.
Interessant ist jedoch, dass der Flugkapitän aus einem ganz besonderen historischen Grund links sitzt. Geschuldet ist das ganze dem Propeller.
In den ersten fünfzig Jahren der Luftfahrtgeschichte wurden nämlich alle Flugzeuge von Motoren angetrieben, die mit einem Propeller verbunden waren. Die meisten Propeller waren so konstruiert, dass sie sich im Uhrzeigersinn drehten. Das bedeutete, dass die Bewegung des Propellers ein Drehmoment gegen den Uhrzeigersinn auf das Flugzeug ausübte, weshalb einmotorige Flugzeuge besonders anfällig für eine Linksdrehneigung, aber resistent gegen Drehungen nach rechts waren.
Die physikalischen Kräfte, die zwischen Propeller, Motor und dem sich in der Luft bewegenden Flugzeug wirken, sind sehr komplex, aber letztendlich … Wenn sich ein Propeller in eine bestimmte Richtung dreht, dreht sich das Flugzeug tendenziell in die entgegengesetzte Richtung. Dies lässt sich mit dem dritten Newtonschen Gesetz erklären, also dem Gesetz „Kraft gleich Gegenkraft“.
Dieses Phänomen war besonders bei Flugzeugen des frühen 20. Jahrhunderts zu beobachten, die mit Umlaufmotoren ausgestattet waren. Die Propeller waren nämlich so konstruiert, dass Propeller und Motorblock fest miteinander verbunden waren. Also drehte sich der gesamte Motor um ein Gelenk, das ihn mit dem Rumpf verband. Das Vorhandensein eines solchen sich drehenden Gewichts bedeutete nicht nur eine größere Drehneigung, sondern aufgrund des gyroskopischen Effekts auch eine Tendenz zum Sinkflug, wenn diese Bewegung unterstützt wurde.
Folglich bevorzugten Piloten bei Start-, Anflug- und Landemanövern Linkskurven, die der natürlichen Bewegung des Flugzeugs entgegenkamen.
Und deshalb musste der Pilot links sitzen, um eine bessere Sicht auf die Start- und Landebahn zu haben.
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Der heutige Platz des Piloten
Heute hat der Platz des Flugkapitäns auf der linken Seite eine symbolische und kulturelle Bedeutung, die von allen Fluggesellschaften respektiert wird.
Trotz des technologischen Fortschritts ist der Sitzplatz unverändert links, und zwar in einer Konfiguration, die in sehr vielen Kulturen die Führungsrolle und Verantwortungsposition des Kapitäns bzw. der Kapitänin betont.